Hilfe für Menschen in Not - Finanzielle Sorgen beim Kinderschutzbund Ahrweiler

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Kostenlose Beratung für Familien, in denen es ein Problem gibt, und vieles mehr: Der Kinderschutzbund Ahrweiler hat schon vielen Menschen aus der Not geholfen. Jetzt machen sich aber bei den Verantwortlichen Finanzierungssorgen breit.

 

Sein 30-jähriges Bestehen konnte der Kinderschutzbund im Kreis Ahrweiler nicht feiern. Die Flutkatastrophe im Ahrtal vom Juli 2021 machte dem Verein einen Strich durch die Rechnung. Das Fest wurde 2024 nachgeholt und eine Jahresbilanz vorgelegt, die nachdenklich werden lässt.


In diesem Jahr fanden 304 Beratungstermine in insgesamt 90 Fällen oder Familiensystemen statt, was eine Steigerung von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausmacht. In der Altersklasse von 0 bis 10 Jahren waren 95 Kinder involviert. Insgesamt 47 der betroffenen Kinder und Jugendlichen waren zwischen 11 und 18 Jahre alt.


Es gibt viele Anlässe für Beratung

Häufigster Beratungsanlass waren die Bereiche Trennung/Elternkonflikt/Umgang und zerstrittene Elternpaare mit erbitterten Konflikten. Weitere Themen waren Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern, insbesondere im Kindergartenalter, Überforderung der Eltern, Schulproblematiken, Medienkonflikte und Konflikte zwischen Eltern und Jugendlichen. In mindestens einem Drittel der Fälle bestand bereits „ein psychologisch therapeutisches oder diagnostisches Setting“ – sowohl bei Eltern als auch bei Kindern.


Die Finanzierung des Angebots wurde auch im Jahr 2024 durch die großzügige Unterstützung von dem Verein NAK karitativ gewährt. Dieser unterstützte zusammen mit dem Unternehmen Rhodius die vor 15 Jahren vom Kinderschutzbund ins Leben gerufenen Patenschaftsprojekte wie die Familienpaten, deren Koordinatorin Monika Hunger ist.


„Es gibt mehr Anfragen, als wir bedienen können.“

Das sagt Monika Hunger mit Blick auf die Familienpaten.
Aktuell gibt es 60 Familienpaten, die sich um Familien, in denen es Konflikte oder andere Probleme gibt, kümmern. Die Warteliste ist lang. „Es gibt mehr Anfragen, als wir bedienen können“, sagt Monika Hunger. Denn die Fälle, zu denen die Familienpaten gerufen werden, sind sehr unterschiedlich. Mal steht eine Depression bei einem Elternteil oder einem Kind auf der Schwelle. Mal stirbt ein Familienmitglied. Finanzielle Probleme sind erdrückend, überängstliche Eltern isolieren ihr Kind völlig oder überfordern es mit zu viel Verantwortung.


Unsere Zeitung sprach mit Manuela Kaufmann, Geschäftsstellen-Leiterin des Kinderschutzbundes in Bachem, und mit Andrea Jahnen vom Vorstandsteam über die aktuelle Situation der heute 33 Jahre im Kreis Ahrweiler engagierten Institution. Und die ist gerade nicht sehr rosig.


Finanzierungsdecke dünnt 2025 aus

„Zum Ende dieses Jahres brechen uns zahlreiche Fördergelder weg. Das wäre für die Versorgung der Menschen hier im Kreis sehr schlecht, denn der Beratungsbedarf steigt nachweislich an. Nach der Flut sind die Anfragen regelrecht explodiert. Wir sind nun mit Vehemenz dabei, eine Anschlussförderung zu finden“, erklärt Manuela Kaufmann.
Nach der Corona-Pandemie und der Flutkatastrophe habe es viele Förderer gegeben, aber zum Ende des Jahres 2025 dünne sich die Finanzierungsdecke aus. „Die Flut ist jetzt nicht immer das erste Thema, hat aber oft dazu geführt, dass alte Konflikte länger nicht bearbeitet wurden“, weiß Kaufmann und betont, dass der Kinderschutzbund neben der Lebensberatung die einzige völlig kostenlose, anonyme und vertrauliche Erziehungsberatungsstelle im Kreis sei. „Wir machen sehr viel sehr still. Wenn ich manchmal durch den Kreis fahre, denke ich, wenn an jedem Haus, in dem wir aktiv waren, ein Licht brennen oder ein Fähnchen hängen würde, wären die Menschen sehr erstaunt“, sagt Monika Hunger. „Zu still, denn Beratung kann man im Gegensatz zu Angeboten wie etwa Pferdeprojekte, nicht vermarkten“, ergänzt Manuela Kaufmann.


„Es ist nicht einfach, sich als Familie Hilfe zu holen.“

Das sagt Monika Hunger vom Kinderschutzbund
In den 15 Jahren hat Monika Hunger mehr als 100 Familienpaten ausgebildet, die eine zehnteilige Schulung durchlaufen, in der ihnen „Handwerkszeug“ zu unterschiedlichen Aspekten wie Traumabewältigung, Kommunikation oder rechtlichen Themen vermittelt wird. „Es ist nicht einfach, sich als Familie Hilfe zu holen, aber wir können nicht genug betonen, dass es keine Schande ist und wir wirklich helfen können. Unsere Familienpaten agieren respektvoll, emphatisch und auf Augenhöhe mit den Menschen und gehen sehr feinfühlig mit der jeweiligen Situation um“, so Monika Hunger.
Gerade hatte sie ein Abschlussgespräch mit einer Mutter, bei der die Patenschaft beendet wurde. „Als ich sie fragte, ob es irgendeine Kritik oder Anregung gibt, sagte sie lediglich: Nur, dass es eigentlich jeder wissen müsste, dass es so etwas gibt“, sagt die Koordinatorin. „Würde uns jetzt die Finanzierung wegbrechen, würde das bedeuten, dass wir die Personaldecke schrumpfen müssten und viele Kernaufgaben nicht mehr wahrnehmen könnten und dass, obwohl die Familienberatung komplett ausgelastet ist“, erklärt Manuela Kaufmann die Situation.


Blick auf weitere Angebote

Zu den weiteren Angeboten des Kinderschutzbundes Ahrweiler gehören Elternkurse „Starke Eltern – Starke Kinder“ oder Elterntreffs, die durch die Bundesstiftung Frühe Hilfen finanziert werden. Die Notfallpädagogik zur Abwendung oder Abmilderung von eventuellen Traumafolgeschäden wird durch die Freunde der Erziehungskunst Notfallpädagogik unterstützt.
Im Nachgang der Corona-Pandemie erreichten den Kinderschutzbund vermehrt Anfragen von besorgten Eltern und Grundschulpädagogen. Vor diesem Hintergrund wurde das MuFi-Stars (Mutig und Fit für Grundschulkinder) initiiert und bis Februar 2025 durch die Deutsche Postcode Lotterie finanziert. Zudem gab es das Angebot einer offenen Eltern-Kind-Spielgruppe, die durch die Bundesstiftung Frühe Hilfen, den Kreis Ahrweiler und die Stadt Sinzig gefördert wurde. In Sinzig lief das Angebot im Oktober 2024 aus, nachdem die Begegnungsstätte des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) dort wegfiel. Waldnachmittage, bei denen Kinder und ihre Begleitpersonen auf Entdeckungsreisen gehen, werden ebenso wie das tiergestützte Projekt „Stallkinder“ und „Vier Hufe zum Glück“ in Gestalt von einem Konik-Pony durch den Verein Help finanziert.
„Das Einzige, was verlässlich durch den Kreis gegenfinanziert ist, ist die Kindertagespflegebörse. Aber wir haben nun auch seit 2024 die Stiftung Kinderschutzbund Ahrweiler gegründet, für jeden, der uns mit einer Spende unterstützen möchte“, sagt Andrea Jahnen hoffnungsfroh.

 

 

Artikel von Judith Schumacher, Rhein-Zeitung 03.09.2025